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Redaktion: DOMUS Redaktion

Interview mit Stephanie Kreuzpaintner, Vorstand der DOMUS Software AG

Die Zukunft der Verwaltungssoftware liegt in der Künstlichen Intelligenz

München, 01.09.2020: Stephanie Kreuzpaintner, Vorstand der DOMUS Software AG, hat sich mit ihrem Unternehmen auf umfangreiche Softwarelösungen für die Immobilienverwaltung spezialisiert. Im folgenden Interview wagt die Digitalisierungsspezialistin einen Ausblick auf die Immobilienverwaltung von morgen und macht deutlich, welche Veränderungen bei Verwaltern und Wohnungsunternehmen einerseits, andererseits aber auch seitens der Politik nötig sind, um die Verwalterbranche vollends in das Digitale Zeitalter zu bringen.

 

Frau Kreuzpaintner, die alltäglichen Geschäftsprozesse laufen heute insbesondere in großen Verwaltungen und Wohnungsunternehmen zu einem Großteil digital ab. Dabei wurden die klassischen Enterprise Ressource Planning-Systeme (ERP-Systeme) mit den Kernbereichen Buchen, Mahnen, Abrechnen längst durch umfangreiche Systemlösungen ergänzt, die Verwalter in vielen weiteren Bereichen ihrer Tätigkeiten unterstützen. Wie sehen Sie die Entwicklung dieser Softwarelösungen in den nächsten zehn Jahren?

Die Verwaltertätigkeit wird sich in den kommenden Jahren grundsätzlich verändern. Das hat aus meiner Sicht mehrere Gründe: Zum einen ist es die Arbeitswelt, die sich rapide verändert. Zum zweiten ist der Fachkräftemangel auch in der Immobilienverwaltung ein großes Thema und schließlich verändern sich auch die Anforderungen seitens der Arbeit-nehmer, beispielsweise hinsichtlich der Agilität ihrer Arbeitgeber und deren Home-Office-Angebote. Das alles sind Trends, die uns Software-Anbieter zum Umdenken bringen müssen. Wir müssen weg von gewachsenen Systemen, die um eine Zusatzanwendung nach der nächsten ergänzt werden – und hin zu der Entwicklung von selbsterklärender und standardisierter Software. Dadurch wird deren Nutzung erleichtert und die Prozessgeschwindigkeit erhöht. Diese Entwicklung sehe ich schon in den nächsten drei Jahren. In zehn Jahren reden wir von selbstlernenden Programmen, die unternehmenseigene Abläufe eigenständig „begreifen“ und im Sinne einer Künstlichen Intelligenz immer mehr Tätigkeiten völlig selbstständig durchführen können. Dabei geht es um all die Abläufe im Hintergrund, die nicht mit dem persönlichen Kontakt zwischen Eigentümer beziehungsweise Mieter und Verwalter zusammenhängen.

 

Der Lockdown im Zusammenhang mit der Corona-Krise hat vielen Verwaltungsunternehmen vor Augen geführt, dass Digitalisierung nicht nur dazu dient, innerbetriebliche Abläufe zu straffen und zu optimieren. Der konsequente Schritt in das Digitale Zeitalter ist mittlerweile zu einem echten Wettbewerbsfaktor geworden. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht für Verwalter unerlässlich, um auch zukünftig wettbewerbsfähig zu sein?

Ich denke, der Lockdown hat vielen Verwaltungsunternehmen deutlich gemacht, dass sie noch gar nicht so digital sind, wie sie eigentlich dachten. Denn Digitalisierung bedeutet weit mehr, als Rechnungen zu scannen und E-Mails zu versenden. Dazu zählt neben der Kommunikation nach außen auch die Zielsetzung, auf jegliche Form von Papier und manuelle Prozesse zu verzichten. Um die Digitalisierung ihrer Unternehmen nachhaltig voranzutreiben, sollten Verwalter darum nicht nur die internen Prozesse digitalisieren, um ihre Mitarbeiter flexibler zu machen – Stichwort Home-Office. Auch die Kommunikation nach außen muss optimiert werden. Das beinhaltet unter anderem die Nutzung entsprechender Portale, die Daten automatisiert in das unternehmenseigene Verwaltungssystem übernehmen.

 

Auf gesetzlicher Ebene werden derzeit durch die WEG-Novelle die Weichen gestellt, um digitale Prozesse noch stärker als bislang in die Verwaltung miteinbinden zu können. Welche Herausforderungen birgt dies für Sie als Softwareentwickler?

Die Novellierung des Wohnungseigentümergesetzes erlaubt es künftig ausdrücklich, eine Präsenzveranstaltung in der Ergänzung auch digital stattfinden zu lassen. Somit können Eigentümer beispielsweise per Laptop an einer Eigentümerversammlung teilnehmen, obwohl sie nicht persönlich vor Ort sind. Uns Softwareentwickler stellt dies natürlich vor die Aufgabe, hierfür möglichst unkomplizierte Lösungen zu entwickeln. Denn was sich nach einer zeitgemäßen und praxisnahen Gesetzesänderung anhört, erhöht natürlich erst einmal den Aufwand für den Verwalter. Schließlich muss eine derartige Veranstaltung auf zwei Kanälen durchgeführt werden, bei der beispielsweise Abstimmungen nach wie vor transparent vonstattengehen müssen. Hierfür müssen wir Lösungen entwickeln, die den Verwalter so gut wie möglich unterstützen.

 

Auch die rein praktischen Rahmenbedingungen werden über die künftige Digitalisierung der Verwalterbranche entscheiden. Welche Weichen müssen von der Politik gestellt werden, um Verwaltern ihren Weg in das Digitale Zeitalter zu erleichtern?

Einer der wichtigsten Punkte ist es aus meiner Sicht, gesetzliche Hemmschuhe für die Nutzung digitaler Möglichkeiten abzubauen. Die jetzige Gesetzgebung macht es vielen Verwaltern, die ihre Prozesse digitalisieren wollen, wirklich nicht leicht. Nehmen wir einmal das Beispiel der Betriebskostenabrechnung: Um diese rechtssicher digital versenden zu können, muss ein Verwalter heute viel Arbeit auf sich nehmen. Denn qua Gesetz muss bei der Nutzung von Online-Portalen eine persönliche Identitätsprüfung jedes Empfängers vorgenommen werden, um die entsprechenden Zugänge einzurichten – dies ist mit einem erheblichen Aufwand und auch mit Kosten verbunden. Und selbst damit ist es derzeit fraglich, ob eine derartige Übertragung rechtssicher ist. Solange derartige Hürden bestehen, werden sich zahlreiche mittelständische Verwaltungen nicht dafür entscheiden, einen wirklich digitalen Weg einzuschlagen. Hier muss die Politik praxisnahe Entscheidungen treffen und darf den Verwalter mit seinen alltäglichen Geschäftsprozessen nicht aus dem Blick verlieren.

 

Die Entwicklung von ERP-Lösungen hin zur Software für ein Kundenbeziehungsmanagement haben die letzten zehn Jahre der Softwareentwicklung für die Verwalterbranche maßgeblich geprägt. Hiermit können Verwalter ihre Eigentümer und Mieter unter anderem direkt mit Dienstleistern und Handwerkern in Verbindung bringen, ohne – beispielsweise bei Terminabsprachen – selbst vermitteln zu müssen. In welche Richtung entwickelt sich Verwaltersoftware in den kommenden zehn Jahren?

Die nächste Dimension der Verwaltersoftware sehe ich in der Künstlichen Intelligenz. Ich denke, die Zukunft der Branche liegt nicht in einem weiteren Portal oder in einer weiteren Software. Es geht vor allem darum, dass die Software, die bereits heute existiert, automatisierter funktioniert. Damit werden Prozesse nicht nur beschleunigt, es werden auch Fehlerquellen behoben. In der Softwareentwicklung sind zehn Jahre eine halbe Ewigkeit. Vieles, was sich heute nach Science-Fiction anhört, wird in zehn Jahren eine absolute Selbstverständlichkeit sein. Ich denke, selbstlernende Verwaltersoftware gehört dazu.

 

Zukünftige Verwaltungssoftware wird es zunehmend möglich machen, standardisierte Prozesse automatisch ablaufen zu lassen. Foto: istockphoto